Jürgen Weltzer : Ideen + Konzepte

Werbung • Training • Coaching


Willkommen bei Weltzers Info-Brief 37

Eine Übersicht aller bisherigen Info-Briefe finden Sie hier ...

Natürlich dürfen Sie die Info-Briefe gerne an Freunde und Geschäftspartner weiterleiten: entweder den Info-Brief weiterleiten - oder den Link zur Seite in ein E-Mail kopieren ... Wenn Sie über eine Empfehlung oder durch Zufall(?) hier gelandet sind und die Info-Briefe regelmäßig erhalten möchten, können Sie sich
hier registrieren.
Immer wieder bekomme ich auch Anfragen, ob denn einzelne Artikel kopiert und in eigenen Veröffentlichungen verwendet werden dürfen. Ja, das dürfen Sie, solange
a) diese Veröffentlichungen kostenlos sind und Sie
b) auf mich als Urheber verweisen, inkl. Link auf den Newsletter oder meine Internetseite.

In diesem Newsletter geht es um folgende Themen

- Vom Tod für das Leben lernen
- Nachdenken oder Vordenken


Verehrte Leserin, verehrter Leser,

das Leben sei eine Krankheit, die mit Sicherheit zum Tod führe ... solcherlei Sprüche höre ich immer wieder und das fatale dabei ist, dass die Leute, die diesen Mist verzapfen, sich auch noch für lustig halten. Ich jedenfalls möchte kein Leben führen, dass ich als "Krankheit" bezeichnen muss. Und wenn ich, zum Beispiel, meine Frau aus tiefstem Herzen innig liebe, würde mir doch nie im Leben der Gedanke kommen, es lustig zu finden, sie als eine "blöde Kuh" zu bezeichnen, oder?

Tatsache ist, dass wir alle älter werden - ich bin ja jetzt auch schon gefühlte 23 - und da bleibt es nicht aus, dass Menschen um uns herum einfach so wegsterben. Mir ist das vergangenen Monat gleich zweimal passiert. Ein Verwandter und ein guter Freund, beide in meinem Alter (also noch echt jung), sind einfach so gestorben. Das ist für uns, die wir noch ein Weilchen mit diesem Leben verbringen möchten, nicht einfach. Ich nutze diesen Schmerz immer, um mir über mich und mein Leben Gedanken zu machen. Denn ...

vom Tod kann man viel für das Leben lernen.


Jedes Mal, wenn man sich mit dem Tod (besser gesagt, mit dem Ende dieses Lebens - aber das ist ein anderes Thema) befasst, taucht unweigerlich die Frage nach dem Sinn auf. Und ob wir das Richtige tun. Wobei schon allein diese Frage, die wir uns alle ja immer wieder stellen, im Grunde obsolet ist. Denn wer bitte schön will das beurteilen? Und wann? Wir können noch so viele "was-wäre-wenn-Szenarien" durchspielen, wir werden es niemals schaffen, alle Eventualitäten mit einzubeziehen. Und vor lauter Angst, das Falsche zu tun, lassen wir viele Dinge bleiben. Und bei anderen Dingen richten wir uns nach anderen, nach gesellschaftlichen Normen, nach Erwartungen und weiß der Kuckuck nach was allem. Ist das sinnvoll?

Passend zum Thema bin ich dann auch über eine Rezension eines Buches gestolpert, das eine Bronnie Ware geschrieben hat. Als Palliativpflegerin hat sie einen Haufen Menschen auf ihrem Sterbeweg begleitet - und dabei Interessantes gehört. Es tauchen nämlich immer wieder die selben 5 Dinge auf, die Sterbende bedauern. Das sind.

1. "Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben."
Anstatt dauernd die Erwartungen anderer zu erfüllen, mich nach anderen zu richten und meine Bedürfnisse hinten an zu stellen.

2. "Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet."
Gemeint ist hier wohl die Arbeit, um Geld zu verdienen. Wenn man nur arbeitet, um Geld anzuhäufen, oder, wie man heute so schön sagt "Rückstellungen für das Alter", um später dann die Dinge zu tun, die man tun möchte ... hat man ein Problem, wenn es eben dieses "Später" nicht gibt.

3. "Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken."
Ja, ja, so etwas gehört sich doch nicht, man muss sich immer schön unter Kontrolle halten ... um ja niemanden zu verletzen. Wer aber seine Gefühle unterdrückt, unterdrückt einen großen und wesentlichen Teil seines Selbst. Und das behindert wiederum die Entwicklung der Persönlichkeit - mit all seinen Möglichkeiten.

4. "Ich wünschte, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrecht erhalten."
Und damit meinten die garantiert nicht die sogenannten Facebook-Freunde oder Xing-Kontakte. Soziale Kontakte - und zwar echte, persönliche - sind unabdingbar für ein glückliches und gelungenes Leben. Und werden doch oft hinter den geschäftlichen Belangen zurückgestellt. Nachlassende soziale Aktivitäten sind übrigens auch ein deutliches Kennzeichen bei Burn-Out.

5. "Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein."
Tja, anscheinend entdecken viele Menschen erst beim Sterben, dass es in ihrer ganz persönlichen Macht liegt - oder lag - glücklich zu sein, oder eben nicht. Auch hier schlagen oftmals die Erwartungen anderer zu. Die selbst nicht glücklich sind und es daher auch nicht tolerieren können, dass es andere sind. Tatsache ist, dass Sie selbst entscheiden können, wie Sie sich fühlen. Sie können über das Wetter motzen oder darüber dass Sie kein Geld haben. Sie können sich aber auch glücklich schätzen, dass Sie gesund sind, dass Sie sehen, dass Sie einen tollen Mann (oder eine tolle Frau) haben, dass Sie sich satt essen können, dass seit gestern die Schneeglöckchen und Krokusse zu blühen beginnen und vieles mehr. Ja, sie könnten sogar lächeln, wenn alle anderen eine Lätsch ziehen.

Das sind also die 5 Dinge, die laut Bronnie Ware so ziemlich jeder bedauert. In dieser Reihenfolge. Ist es nicht seltsam, dass da nix von "Ich wünschte, ich hätte noch mehr Geld verdient." steht oder von "Ich wünschte, ich hätte noch mehr gearbeitet."?

Ich komme seit langer Zeit immer wieder auf den folgenden Leitsatz: Lebe heute so, als ob es Dein letzter Tag wäre.
Und ich bin mir sicher, dass Horaz mit seinem Carpe diem genau dasselbe gemeint hat.
Das hat nichts mit Saufen und Feiern zu tun, sondern vielmehr damit, dass man sich jeden Tag um die Dinge und vor allem Lebewesen kümmern sollte, die einem wichtig sind. In erster Linie also um sich selbst und um die, die man liebt.

Wenn dies mein letzter Tag wäre ... würde ich dann bis um 21 Uhr im Büro sitzen?
Wenn dies mein letzter Tag wäre ... würde ich dann mit meiner Frau/mit meinem Mann über dieses lächerliche Thema streiten?
Wenn dies mein letzter Tag wäre ... würde ich dann mein Kind für die schlechten Noten tadeln?
Oder auch: wenn dieser Mensch, mit dem ich gerade zu tun habe, nachher stürbe ... würde ich mich dann genauso verhalten, wie ich es jetzt tue?

Ich finde, wir können uns bei allen Verstorbenen bedanken, dass sie uns Anlass geben, über solche Dinge nachzudenken ... und im besten Falle unser Leben dadurch ein wenig besser zu leben. Und wo ich das gerade schreibe, fällt mir ein: Wir könnten uns ja auch einfach so, ohne dass jemand gestorben ist, solcherlei Gedanken machen und unsere Handlungen danach ausrichten. Oder nicht?

Wo ich da gerade so schön über das Nachdenken schreibe, fällt mir (mal wieder) auf, dass ich ja gar nicht weiß, ob das auch wirklich richtig ist, das Nach-Denken. Denn im Grunde könnten wir ja auch

Vordenken statt Nachdenken.


Immer reden wir vom Nachdenken. Doch ist in diesem Wörtlein nicht enthalten, dass wir über etwas Nach-Denken, das schon vorbei ist? Flugs habe ich in der Etymologie der deutschen Sprache nachgeschlagen, und da steht, das es zunächst "nahe bei, in die Nähe von" bedeutete, dann "auf etwas hin" und schließlich "hinter etwas her". Diese Bedeutung findet wunderschönen Ausdruck in dem Verb "nachahmen". Wer etwas nachahmt macht ja etwas nach, das jemand anderes vorgemacht hat.

Demnach bezieht sich "nachdenken" darauf, etwas nach zu denken, das schon einmal vorher gedacht worden ist. Ich finde, das sieht man schön an dem Ausdruck "nachdenklich sein". Oft ist es ja so, dass jemand etwas sagt oder etwas passiert - und dann wird man nachdenklich. Man denkt über das Gesagte oder Geschehene nach.

Sollten wir aber nicht besser vordenken?

Ich finde, das wäre ein radikaler Schritt - ist doch unsere ganze Gesellschaft darauf ausgerichtet, sich an der Vergangenheit zu orientieren, das heißt darüber nachzudenken, was war:
Wenn ich einen Kredit von der Bank möchte, dann verlangen die die Bilanzen der vergangenen Jahre.
Wenn Sie jemanden einstellen möchten, sehen Sie sich den Lebenslauf an, die Zeugnisse usw.
Wenn man jemanden mit etwas beauftragen möchte, schaut man sich die sogenannten Referenzen an, d.h. was er in der Vergangenheit bereits getan hat.
usw.

Warum tun wir das? Ich denke, wir versuchen, aus der Vergangenheit auf Zukünftiges zu schließen. Und dahinter steht ein Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle.

Diesen Glaubenssatz müssten wir aufgeben. Und wir müssten akzeptieren, dass es so etwas wie Sicherheit nicht gibt. Das ist schwer.
Andererseits würden sich Möglichkeiten auftun, wir würden Dinge wagen, an die wir uns heute noch nicht einmal zu denken trauen. Wir würden ein Bewusstsein entwickeln, dass jeder und alles sich entwickeln kann, sich verändern kann, dass Paradigmen aus der Vergangenheit schlicht nicht mehr gelten. Womöglich hätten wir sogar weniger Angst ...

Und aus der Erfahrung wissen wir ja auch, dass es im Grunde völlig irrational ist, aus der Vergangenheit die Zukunft ableiten zu wollen.
Ich kenne Männer, die hatten jede Nacht eine andere im Bett - und als sie dann die "Frau ihres Lebens" getroffen hatten, waren sie plötzlich treu.
Andere haben es erlebt, dass ihr Partner nach 25 Jahren Treue auf einmal fremdgeht.
Hätten sich die Bürger der DDR 1988 an der Vergangenheit orientiert ...
Hätte Columbus sich an der Vergangenheit orientiert ...

Irgendwie drängt sich mir da der Satz auf: Menschen, die vordenken, sind die, über die man 100 Jahre später nachdenkt.

Und dann fällt mir - natürlich - auch wieder der liebe Albert Einstein ein, der sagte:

Wenn du denkst, was du immer gedacht hast,
wirst du tun, was du immer getan hast.
Wenn du tust, was du immer getan hast,
wirst du das erreichen, was du immer erreicht hast.

__________________

Sodele, jetzt wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Nach- oder Vordenken. Und noch mehr Spaß beim Umsetzen.

Bis zum nächsten Mal ...
Jürgen Weltzer